Moin, Jungs,
dieser hässliche Bahnhof – so hieß es oft, wenn in meiner Verwandtschaft das Gespräch auf den Wilhelmshavener Bahnhof kam. Mit Bahnhof war in diesem Fall das Empfangsgebäude gemeint und nicht der ganze uns so faszinierende Rest.
Ich habe das nie verstanden, warum das Bahnhofsgebäude hässlich sein sollte. Erst als ich schon zu H0-Zeiten anfing, mich mit dem Nachbau des Gebäudes zu beschäftigen, ging mir ein Licht auf.
Vor dem zweiten Weltkrieg war das Gebäude ein schickes, symmetrisches Bauwerk, und so hatte es meine ältere Verwandtschaft gekannt. Durch Kriegseinwirkung wurde das Gebäude arg beschädigt. Nach dem Krieg wurde dann nur der noch brauchbare Teil weiter genutzt und das Gebäude wurde dadurch eben hässlich. Im Bild 1 ist oben die mittels Photoshop ergänzte Straßenfront des Modells zu sehen, so wie diese ausgesehen hat. Darunter links das Modell mit der tatsächlichen Front, die Anbauten fehlen noch. Rechts ein Ausschnitt aus einer alten Postkarte mit Ansicht des Originals in der Epoche Drei.
Die Außenwände des Modellgebäudes standen als Grundgerüst schon seit 2014 auf der Anlage, und ich nahm sie nun Ende Januar 2018 mit nach Hause und legte sie auf den Basteltisch (Bild 2).
Ich hatteschon vor längerem mit Farben experimentiert und war zu dem Ergebnis gekommen,die Außenwände mit der bereits beim Bahnsteigdach verwendeten vanillegelbenFarbe zu bemalen. Die Farbe der Verzierungen und Streben sollte nach Tests eineockerfarbene Plakafarbe sein, diese hatte ich auch schon an einigen Stellenaufgetragen.
Nachdem ich nun konkret mit dem Bau begann, erschien mir diese Farbe aber zu dunkel, also probierte ich nochmal neu mit zwei anderen Farben. Aber auch hier war ich noch nicht richtig zufrieden. Deswegen schaute ich nochmal im Baumarkt und fand schließlich eine Dispersionsfarbe mit der Bezeichnung „Honey“. Dieser honigartige Farbton schien auch im Vergleich mit den Vorbildfotos passend zu sein (Bild 3 und 4).
Zunächst erstellte ich aus einer Kunststoffplatte die Grundplatte für das Gebäude. Um die Außenwände genau mit der Kante der Grundplatte abschließen zu lassen, klebte ich im Abstand von drei Millimetern zum Rand einen etwa einen Zentimeter
hohen Streifen rund um die Plattenkanten. Ausgenommen wurden hier Bereiche mit Öffnungen für Türen oder Anbauten, die separat erstellt wurden.
Ich begann gleisseitig an der Ecke vorne rechts am Übergang zum Bahnsteig. Alle Wandteile und die bereits geschnittenen Kunststoffstreifen für die vorstehenden Simse und Pfeiler wurden wieder mit Plastikprimer grundiert, damit die Farben besser halten würden.
Im unteren Geschoß waren Wände und Pfeiler zum Teil mit Fugen versehen. Diese ritzte ich in den Kunststoff und malte sie mit einem angespitzten Bleistift grau aus, um sie besser sichtbar zu machen.
Die Wände erhielten vor der Detaillierung mit Kreidepulver eine leichte Verschmutzung. Den umlaufenden Streifen unten an der Fassade hatte ich an der ersten Wand noch grau gestrichen, dann aber entschieden, alles in Revell Braun Nr. 83 anzumalen (Bild 5).
Die Verzierungen rund um die Fenster und Türen im Erdgeschoss wurden aus 0,3 mm dickem Polystyrol geschnitten, die Kanten vorm aufkleben angemalt und die restliche Fläche im Anschluss daran (Bild 6).
Während ich bei meinem ersten Empfangsgebäude bei meiner Versuchsanlage in Troisdorf noch alle Fenster aus Polystyrolstreifen selber gebaut hatte, war mir dieser Aufwand bei der BoMo zu groß. Fast alle Fenster hatte ich daher schon 2014 bei der Modellbau Werkstatt Bertram Heyn in Göttingen fertigen lassen und nun konnte ich sie endlich ihrer Verwendung zuführen.
Bevor sie an ihre Positionen geklebt wurden, wurden sie mit matter weißer Revellfarbe angestrichen. Die Tür und die beiden mittleren Fenster auf Bild 7 sind allerdings Eigenbauten.
Aus einem Millimeter dickem Polystyrol schnitt ich fünf Millimeter breite Streifen, daraus entstanden die Fensterbänke, die ebenfalls mit Revell Nr. 83 angemalt wurden.
Nachdem auch die gleisseitige Giebelwand äußerlich fertig gestellt war, wollte ich diese ersten drei Wandteile auf der Bodenplatte befestigen. Dazu war aber der Aufbau der inneren Wandteile nötig.
Aus weißer hartgeschäumter Kunststoffplatte wurden die Wandteile ausgeschnitten und mit den entsprechenden Öffnungen für Fenster beziehungsweise Türen versehen. Bei der ersten Wand wurden noch um die Fenster einen Millimeter dicke
Polystyrolstreifen geklebt, um auf die Stärke der „Zwischenwand“ zu kommen. Hier waren nämlich aus Resten der drei Millimeter dicken Kunststoffplatten Stücke aufgeklebt worden, und darauf sollte die Innenwand aufgeklebt werden Bild_8.
Das ganze diente zum einen dazu, dem Betrachter von außen eine gewisse Wandstärke sichtbar zu machen, hauptsächlich aber der Stabilität der Wand.
Zwischen Außen- und Innenwand war also ein Abstand von drei Millimetern, und im Bodenbereich hatte ich natürlich soviel Platz zum ersten Zwischenstück gelassen, dass die Wände auf die Streifen auf der Bodenplatte aufgeschoben und verklebt werden konnten.
Bei den anderen Wänden hatte ich die Fensteröffnungen cirka vier Millimeter breiter ausgeschnitten und dann rundherum zurecht geschnittene, fünf Millimeter breite Streifen Kunststoff eingeklebt, das erschien mir einfacher von der Bearbeitung.
An der Ecke, wo von außen der Blick ins Innere und damit auf ein anderes Fenster möglich war, hatte ich die breiten Fensterverstrebungen einfach nur mit Papierstreifen beklebt, um ein wenig Plastizität zu simulieren. Auch die Innenwand wurde
hier einfach nur mit Papier beklebt, um die sichtbaren Spalten zwischen Innenwand und den Streifen um die Fenster zu verdecken (Bild 9).
Die gleisseitige Giebelwand war etwas aufwändiger bei der Gestaltung. Neben den Verzierungen um die Öffnungen im Erdgeschoss und den Mauervorsprüngen wurden hier die ersten runden Fassadenverzierungen um die kleinen Bogenfenster
angebracht. Für diese Verzierungen hatte ich schon vor längerer Zeit aus Polystyrol ein Urmodel gebaut und dann mit Latex eine Negativform erstellt, um darin mit Stewalin die benötigte Menge der Verzierungen zu gießen.
Die Doppeltür wurde nach Vorbildfoto selber gebaut, wobei das Fensterteil darüber aus einem der großen Bogenfenster zurecht geschnitten und verwendet wurde, das war bei der Bestellung der Fenster schon so geplant gewesen. Auf Bild 10 sieht man auch wieder etwas von der Asymmetrie. Warum ist das Fenster rechts oben schmaler als das linke Fenster?
Bei der anschließenden langen Wand war ebenfalls noch eine Türkombination selber zu bauen, und zwar die Zugangstüren aus dem Empfangsgebäude zum Bahnsteig. Die Türen blieben unbeweglich und wurden aus Polystyrol in einem Stück gebaut (Bild 11). Auf der Innenseite wurden Drahtgriffe angebracht (siehe auch Bild 14 unten).
Der Bereich links vom Türportal auf Bild 12 blieb unbearbeitet, hier kommt ein Anbau hin. Das die letzten drei Fenster keine Verzierung erhalten haben, entspricht durchaus dem Vorbild.
An dieser Stelle mal eine Anmerkung zu meiner Testperson, die ja schon öfters auch zu sehen war und auch auf dem Bild oben erscheint als Maßstabtester. Ich hatte diese Person irgendwann einmal willkürlich aus dem Kästchen mit den Figuren heraus genommen.
Beim lesen des sehr empfehlenswerten Buchs über die Braunlage-Andreasberger Eisenbahn von Otto O. Kurbjuweit, in dem OOK auch davon schreibt, das sich er und seine Mitstreiter während des Anlagenaufbaus lange Zeit in Geduld üben musste, bis endlich Betrieb gemacht werden konnte, wurde mir bewusst, das ich diese Figur nicht zufällig gezogen hatte. Der Mann steht da und schaut auf die Uhr, so, als ob er auf den Zug wartet. Falsch! Der steht da, um ungeduldig zu fragen, wann
geht’s denn endlich mit dem Betrieb los? Und nachdem dieser Punkt abgehakt ist, schaut er jetzt auf die Uhr und fragt: Wann ist das Gebäude endlich fertig?!
Auch straßenseitig mussten um die Bogenfenster Verzierungen angebracht werden. Allerdings waren die Fenster hier dichter beieinander, so dass die beiden zueinander liegenden Seiten der Verzierungen passend gekürzt wurden. Der Übergang zwischen zwei Verzierungen wurde mit Holzspachtel verputzt (Bild 13 und 14). Dort in Bild 14, wo die Mauerverstrebungen aufhören, kommt wieder ein Anbau ran, daher auch die Öffnungen darunter.
Am ersten Mai 2018 war die Front mit den Bogenfenstern an der Straßenseite fertig (Bild 15). Ralph hatte mir inzwischen netter weise eine Damenuhr besorgt, die einer Bahnhofsuhr entsprach. Ralph als Uhrmacher hatte keine Probleme damit, das Ding für mich aufzumachen, so dass ich auf dem Ziffernblatt noch ein DB-Decail anbringen konnte.
Die die Normalzeit anzeigende Uhr passte genau in die von mir bereits vor ganz langer Zeit geschaffene Öffnung. Damit die Uhr entnommen werden konnte, zum Beispiel, um eine neue Batterie einzusetzen, wurde nun die finale Halterung gebastelt (Bild 16 zeigt von oben links nach unten rechts das Einlegen der Uhr).
Als nächstes wurde jetzt zuerst die Wand des Anbaus aufgebaut. Dies ging relativ schnell, da hier keine großartigen Verzierungen anzubringen waren (Bild 17). Die verwendeten Fenster waren übrigens Bogenfenster, nur waren die Bögen nicht sichtbar.
Auch die letzten beiden Wände waren ohne viel Aufwand zu erstellen. Zwei Wände? Ja, denn neben dem Abschluss der Außenseite wurde auch eine Zwischenwand im wahrsten Sinne des Wortes eingeschoben, denn schon beim Aufbau der Außenwände war dies berücksichtigt und entsprechende Nuten vorgesehen worden (Bild 18 und 19). Im Bild 19 wird auch nochmal die unsymmetrische Gebäudegestalt deutlich.
Das Hauptgebäude war damit erstmal fertig und wurde in Borken auf die Anlage gestellt (Bild 20). Dies war für die weitere Vorbereitung der Anbauten notwendig.
2019 geht’s dann weiter mit dem Dach und den Anbauten, da wisst ihr schon mal, worüber ich dann im nächsten Jahr berichten werde.
Gruß und einen schönen 2. Advent
Der Michel