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Dienstag, 7. Juni 2022, 09:27

Motor für Spur 1 Lok

Hallo Lokbauer !
Ich möchte in den nächsten Monaten eine Lok BR 77 selbst
bauen und habe deshalb einige Fragen zur Motorisierung.

Ist ein Faulhaber unbedingt notwendig, oder gibt es auch fast gleichwertige aber preislich wesentlich günstigere Alternativen ?
Soll die Lok schiebefähig, also mit Stirnzahnräder oder mit Schnecke ausgestattet sein ?

LG Bernhard

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Dienstag, 7. Juni 2022, 11:51

Hallo Bernhard,
da hast Du Dir ja ordentlich was vorgenommen, Respekt.
Meine Erfahrungen zu dem Thema:

- Für mich muss die Lok nicht schiebefähig sein, im Modellbetrieb ist es eher besser, wenn sie an einer Steigung auch wirklich mal stehen bleibt und nicht langsam wegrollt.

- Stirnzahnradgetriebe rasseln, vor allem wenn das kleine Ritzel wirklich sehr klein ist. Da würde ich immer eine Schrägverzahnung vorziehen. Auch fertige Getriebe von Faulhaber sind hörbar.
Mit Schneckengetriebe kommst Du mit der Übersetzung viel einfacher hin.
Du kannst ausserdem für den Übergang auf die angetriebene Achse ein fertiges Winkelgetriebe nehmen, zB aus der Märklin V100 oder von Demko, die bringen teilweise schon eine Übersetzung 2:1 bis 3:1 mit. Das erleichtert die Sache deutlich, so habe ich das bei meiner E69 05 gelöst.

- Faulhaber gibt es gebraucht in der Bucht, ebenso Maxon o.ä., man muss etwas Glück haben. Ich habe zB einen gebrauchten Faulhaber 3540K008C in der BR55 problemlos im Einsatz.
Es tut aber auch ein guter 5poliger (oder mehr) "normaler" Motor zB von Bühler. Dreipolige solltest Du abhaken, da ist gleichmässiger Langsamlauf kaum machbar.
Suche nach Motoren mit ca. 400-700 Umdrehungen je Volt und Minute bei 9-15 Volt Nennspannung und 5-15 Watt, sowas ist typischerweise bei Märklin&Co verbaut.
Eine Schwungmasse auf der zweiten Motorachse ist auch hilfreich für gleichmässigen Motorlauf.
Wichtig - gerade bei Schnecke - ist, dass die Motorwelle kein Längsspiel hat, auch das ist oft gut hörbar. Da kann man bei gebrauchten Motoren Schiffbruch erleiden.

- Glockenankermotoren wie die Faulis sind mit Digitaldecodern etwas anspruchsvoll: Sie werden zwar unhörbar hochfrequent getaktet (zB 20 kHz), aber mit niedriger Frequenz wird eine sogenannte EMK-Austastlücke überlagert, in der der Decoder die vom Motor selbst erzeugte Spannung misst und so die Lokgeschwindigkeit regelt. Dieses Austasten ist bei Glockenankern zu hören, was gerade bei Dampfloks akustisch stören kann. Normal gewickelte Motoren hört man da nicht. Manche Decoder erlauben es, die Länge der Austastlücke zu minimieren und die Messhäufigkeit so einzustellen, dass sie nicht auffällt.

Hope that helps...

Gruß
Matthias
https://mat-spur1.jimdofree.com/

Wonach du sehnlich ausgeschaut - es wurde dir beschieden
Du triumphierst und jubelst laut: „Jetzt hab’ ich endlich Frieden!“
Ach, Freundchen, rede nicht so wild, bezähme deine Zunge!
Ein jeder Wunsch, wenn er erfüllt, kriegt augenblicklich Junge

Wilhelm Busch

Dieser Beitrag wurde bereits 4 mal editiert, zuletzt von »mat-spur1« (7. Juni 2022, 15:21)


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Dienstag, 7. Juni 2022, 18:40

Hallo Matthias !
Danke für deine sehr schnelle und kompetente Antwort. Den Vorschlag mit der Schnecke hab ich auch in Erwägung gezogen, da einem hier ein mehrstufiges Getriebe erspart bleibt. Ich habe bisher eine V60 und eine 01er von KM1 die beide fast lautlos anfahren (sicher keine Faulhaber), dagegen eine Lok mit Fauli eines anderen Herstellers, die beim Anfahren stark brummt.
Ich weiß, eine Dampflok zu bauen ist eine langwierige Aufgabe, aber ich habe bereits 4 Echtdampfmodelle gebaut, die letzte mit ca. 500 kg Eigengewicht.
Jetzt möchte ich mal etwas kleines feines bauen.
LG Bernhard

4

Dienstag, 7. Juni 2022, 19:21

Hallo Bernhard,

dies mit dem Brummen von den FAuli und Maxon liegt vorallem an der zu keinen Ubersetzung, diese Motoren wissen in vielen Fällen nicht, sollen sie nun vor- oder rückwärts drehen.
so ab einer Uebersetzung von 1:10 verschwindet das Brummen fast.

Gruss epoche5

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Wohnort: Erfurt

Beruf: jetzt Rentner, programmieren nur noch im Hobby

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5

Mittwoch, 8. Juni 2022, 11:45

Hallo,
das Brummen liegt auch mit an der geringen Masse des Rotors bei Glockenankermotoren bauartbedingt.
Auch hier wirkt die Austastlücke für die EMK als Geräuschkulisse (siehe Oszillogramm).

Deshalb sollte man auch eine nicht zu kleine Schwungscheibe mit aufpressen (die guten Glockenankermotoren haben Wellen auf beiden Seiten),
dann wird die Rotormasse erheblich größer und das Brummen geringer oder geht ganz weg.
Eine vernünftige Getriebe-Übersetzung ist natürlich auch wichtig.
»bbenning« hat folgendes Bild angehängt:
  • voltcraft38_5.jpg
MfG. Berthold

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Freitag, 24. Juni 2022, 13:33

Hallo Berthold und Matthias , danke für eure sehr fundierten Ratschläge !
Inzwischen hab ich die Radsterne in Messing gefräst und Glasperl gestrahlt.
Hier ist ein Foto leider nur von der Rückseite:
https://drive.google.com/file/d/1XVd9ONq…ew?usp=drivesdk

LBG Bernhard